Springe zum Inhalt Springe zur Hauptnavigation

NEUIGKEITEN

Schauspiel-Ensemble im Interview zum neuen Stück MISS GOLDEN DREAMS

MISS GOLDEN DREAMS - Produktionsfoto mit freundlicher Genehmigung der GALERIE ELWERT in Karlsruhe: Im Oktober 2023 war James Francis Gill persönlich mit großem Erfolg in der Galerie Elwert zu Gast. James Francis Gills Arbeiten sind exklusiv in der Galerie erhältlich. www.galerie-elwert.de (C: James Francis Gill | Premium Modern Art) - Foto: James Francis Gill | Premium Modern Art

Was war Marilyn Monroes Geheimnis?
Anne Müller: Das Geheimnis ist das Talent Menschen zu berühren – und die Fähigkeit sich tatsächlich zu öffnen. Offen zu sein mit allem Risiko. Der Rest ist unbedingter Wille geliebt zu werden – da ist auch immer eine große Traurigkeit und Einsamkeit als Schattenseite dabei, die aber nur umso unwiderstehlicher macht. Die Fähigkeit, die Zeit anzuhalten im Moment des Spiels. Die kann man fast nicht erarbeiten und sie ist sehr selten. Entweder hat man sie oder nicht. Und eine Intelligenz, die Gesetze des Marktes, die Branche und wie sie funktioniert schneller als der Großteil zu durchschauen – und zu bedienen.

Was fasziniert dich an dieser Figur?
Frida Österberg: Als Jugendliche war Marilyn Monroe für mich nur eine Pop-Ikone. Das Bild des perfekten Gesichts und Körpers aus einer Zeit, in der Showgirls fröhliche Lieder über den Klang von Kriegsmaschinen sangen. Ich wusste nicht einmal, dass sie Schauspielerin war. Mit 20 Jahren habe ich Blond von Joyce Carol Oates gelesen und eine Welt hat sich eröffnet. Ihr Leben, von ihrer Kindheit bis zu ihrem Tod, zusammen mit Oates literarischen Fantasien über das Innenleben von Norma Jean Baker bestätigten etwas, das ich bereits ahnte. Ein stilles Bewusstsein darüber, was es bedeutet als Frau angesehen zu werden: Für das Vergnügen und die Freude anderer zu existieren und damit ein Objekt zu sein. Doch hinter diesem Objekt verbirgt sich ein einsames Kind, das sich danach sehnt geliebt und begehrt zu werden. Ihre Traurigkeit übermalt sie mit einem perfekten Lächeln und gibt der Welt das, was sie sehen will. Es war  herzzerreißend und ermächtigend zu lesen.

Was macht Marilyn zum Mythos?
Sina Kießling: Ich persönlich finde es erstaunlich, wie sie es als Schauspielerin innerhalb von knapp zehn Jahren geschafft hat, omnipräsent in allen Ländern auf der Welt zu sein. Eine klassische „American Way of Life“-Story über ein Mädchen aus der Unterschicht, welches zur Filmgöttin erkoren wurde. Sie hat die Chancen genutzt, welche man ihr bot und setzte klug ihre Art des Spielens ein, um in der ersten Reihe der Schauspielerinnengarde der 50er Jahre zu erscheinen. Doch das allein macht noch niemanden zum Mythos – ihr Privatleben, das gegen ihren Willen öffentlich verhandelt wurde und der ungeklärte frühe Tod der Schauspielerin trugen zu diesem „Mythos“ sicherlich bei. Die Nachwelt hat sie zu diesem Mythos gemacht. Wenn wir heute Norma Jean Baker fragen könnten, ob sie es genossen hat, permanent in der Öffentlichkeit zu stehen, was würde sie uns wohl sagen?

Wo siehst du die größten Widersprüche und Ambivalenzen in ihrer Persönlichkeit?
Sarah Sandeh: Ich habe den Eindruck, sie konnte sich ohne den Blick von außen selber nicht sehen. Sie wurde zu dem, was das Außen ihr spiegelte. Darin liegt eine große Abhängigkeit. Sie selber hätte sich, glaube ich, gerne davon emanzipiert, was in den 50er und 60er Jahren sehr schwer war. Sie war eine Frau mit Wünschen – nach einer Familie und Geborgenheit – strahlte aber lange Zeit etwas Anderes aus. Sie hatte den Drang sich weiterzubilden und verdiente ihr eigenes Geld, machte aber den Eindruck, sie wisse nicht viel und bräuchte die Unterstützung eines Mannes. Gegen den Blick der Anderen ist sie nicht angekommen, diese Millionen Augen haben sie beherrscht.

Welche Seite von Marilyn Monroe wird in deinen Augen viel zu selten gesehen?
Julia Giesbert: Der Mensch hinter der Ikone – aber das ist wohl häufig bei berühmten Personen. Sie werden zu einer Projektionsfläche für Sehnsüchte, für Leichtigkeit, für kindliche Unschuld, für Freiheit, für Schönheit, für Sexappeal, für Humor…. einfach alles, was man sich so wünscht! Aber wenn der Mensch hinter der Ikone betrachtet wird, dann wird Norma Jeane Baker vor allem als Opfer dargestellt. Dabei scheint sie mir nach unserer Recherche eine sehr ehrgeizige, tatendurstige und strategisch handelnde Frau gewesen zu sein.

Was inspiriert dich am meisten an Marilyn Monroe?
Lucie Emons: Die Gleichzeitigkeit von Lebenslust, der Fähigkeit, die Schönheit des Lebens zu sehen und der tiefen Traurigkeit und Todessehnsucht. Vor allem finde ich spannend, dass sie trotz der Traurigkeit und den Hindernissen, die ihr und ihrer Seele in den Weg gelegt worden sind, einen so starken Antrieb und eine so große Hoffnung hatte, ihr Leben zu dem zu machen, was sie sich erträumt hat. Dass hinter der Fassade der schönen blonden, hilflosen Frau, eine Frau stand, die dieses Bild zwar genutzt hat, es aber nicht als Endprodukt akzeptiert hat. Eine Frau, die, wenn sie überlebt hätte, den ganzen Apparat der damaligen Filmindustrie wahrscheinlich auf den Kopf gestellt hätte.


MISS GOLDEN DREAMS
Eine Geschichte über Marilyn Monroe von Joyce Carol Oates
Deutsch von Angela Heuse
Premiere 2.12.23 KLEINES HAUS

INFOS & TERMINE