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Badisches Tagblatt, Ute Bauermeister, 21.1.2013

Wiederentdeckung von Arthur Schnitzlers "Der einsame Weg" - Dominique Schnizer inszeniert am Badischen Staatstheater

"Die Welt wie in einen Rahmen gefasst", heißt es einmal in Arthur Schnitzlers Stück "Der einsame Weg". Genau so ist die Bühne: Wie ein gerahmtes surreales Gemälde, in dem sich die Figuren bewegen. Kahle Baumstämme, deren Wipfel wir nicht mehr sehen, stehen mit vereinzeltem Blattwerk im völlig schwarzen Raum, dazwischen einige Stühle. Hinten leuchtet eine weiße Tür, durch welche die Toten abtreten. Der Anfang ist Schweigen und Stille. Nichts lenkt von den eindringlichen Worten ab. Alle Personen bleiben permanent auf der Bühne.(...) Die einfühlsame Inszenierung von Dominique Schnizer berührt die Zuschauer und nimmt sie mit auf eine Seelenreise, ohne je Partei zu ergreifen. Durch die Baumstämme hindurch bewegen sich alle Figuren, mal an ihnen lehnend oder sitzend, die Rinde streichelnd, lasziv, leise, verloren in die Wipfel blickend, diese Bäume bieten ihnen Schutz und lassen sie dennoch verloren und vereinsamt wirken. (...) Es sind zwei knappe, dichte Stunden, in denen einem auch mal der Atem stockt. Schnizer gelingt eine Wiederentdeckung: auf engstem Raum, großartig gespielt, tiefgründig, bitter, lakonisch, ein Stück Lebensweisheit, vergangen schon, aber nicht vergessen.


BNN, Andreas Jüttner, 21.1.2013

Ein Leben im Blick der Anderen - Schnitzler-Drama am Staatstheater Karlsruhe

Dominique Schnizers Inszenierung am Staatstheater Karlsruhe reitet dabei nicht auf dem gesellschaftlichen Kodex der damaligen Zeit herum, sondern konzentriert sich schlüssig und überzeugend auf die inneren Konflikte der Figuren. In der Rolle der Schauspielerin Irene Herms, die als weitere Jugendaffäre von Fichtner eine Abtreibung hatte und nun angesichts des nahenden Alters ihre Kinderlosigkeit bereut, evoziert Lisa Schlegel nicht etwa das Skandalon, das uneheliche Kinder einst bedeutet hätten, sondern die Lebensleere einer Karrierefrau, die nicht verklärend, sondern mit erschütternder Klarheit eine verpasste Chance reflektiert. In solchen Momenten rückt das Stück unaufdringlich an die Gegenwart heran. (...) Diese Dauerpräsenz sorgt dank der klar profilierten Figuren für eine flirrende Spannung in der Aufführung, die in der soliden Kinodauer von eindreiviertel Stunden nahezu den gesamten Stücktext unterbringt. Denn Schnizers pointierte Inszenierung deutet zudem an, dass hier jeder für die anderen eine Rolle spielt. Am deutlichsten wird das bei dem von Timo Tank gespielten Weltmann Sala, der je nach Gesprächspartner verschiedene Stimmen hat: Eine kühl-selbstgefällige, eine verführerische, eine zackig militärische – und nur einmal seine ganz eigene, in zwei ergreifend kurzen Sätzen, als er erfährt, wie todkrank er wirklich ist.

Stimmig sind alle Darsteller: Jan Andreesen als um seine Integrität ringender Felix, Georg Krause als sein sich aufopfernder „Vater“, Ronald Funke als knorriger Lebemann Fichtner, Cornelia Gröschel als still leuchtende Johanna, Frank Wiegard als rührend unbeholfen in sie verliebter Arzt und Ursula Grossenbacher als sterbende Mutter, deren künstliches Lachen schon früh auf die sprachliche Maskierung dieser Gesellschaft verweist. Warmherziger, langanhaltender Applaus.


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