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Badische Neueste Nachrichten, Andreas Jüttner, 7.12.2013

Wir leben so, als seien wir unsterblich

(…) Das Stück handelt von der Wiederbegegnung zweier gealterter Liebender, für die unversehens doch noch eine gemeinsame Zukunft möglich scheint – wenn sie sich zu einem radikalen Bekenntnis zueinander entschließen. Den Figuren in dem Stück gelingt dies nicht: „Wir haben so viel Angst davor, zu leiden, dass wir Entscheidungen treffen, unter denen wir noch mehr leiden“, beschreibt Etel Adnan im Gespräch nach der Aufführung das menschliche Grunddilemma, das hier dargestellt wird. Ebenso betont sie die Dringlichkeit der Entscheidung für die Liebe – eine Dringlichkeit, die symbolisiert wird durch eine dritte Figur, eine Sterbende, deren Ende Anlass für die Wiederbegegnung ist. „Wir leben so, als seien wir unsterblich“, hat Adnan im Hinblick auf den Umgang mit der Liebe beobachtet – und dieser Illusion den berührenden Appell ihres Stückes gegenübergestellt.

Wir leben so, als seien wir unsterblichEin zentrales Anliegen bei dem Text, dessen Figuren nur durch die Buchstaben A und B gekennzeichnet sind, war ihr die Universalität der Liebe: „Ich hatte mir vorgestellt, man könnte das Stück an drei Abenden hintereinander zeigen –einmal mit zwei Frauen, einmal mit zwei Männern und einmal mit einer Frau und einem Mann.“ Der junge Regisseur Mathias Hannus hatte für die Aufführung im Studio eine andere Lösung gefunden, die Adnan – die das Stück auf Englisch geschrieben und dann ins Französische übertragen hatte – ausdrücklich als „very beautiful“, sehr schön, lobte: Er tritt mit einem vierköpfigen Ensemble an und wechselt die Geschlechterkonstellationen während des Spiels.(…)

Etel Adnan nennt es „die Elektrizität zwischen den Schauspielern“, die in jeder Zusammenstellung spürbar anders gewesen sei. Man habe zeigen wollen, dass die Sätze zwar für alle Konstellationen passen, aber jeweils anders wirken, so Hannus. Etel Adnan störte sich nicht daran, dass sie als zwar mehrsprachige, aber des Deutschen nicht mächtige Zuschauerin die einzelnen Sätze nicht verstand. Das habe ihr Raum gegeben, die dahinterstehenden Emotionen deutlicher wahrzunehmen, sagte sie: „Sprache ist mehr als nur Information.“ (…)

Irgendwann in der Nacht zum nächsten Mal am 3.1. im STUDIO


die-deutsche-buehne.de, 18.10.2013

"Dass er dabei eine lineare Handlung aufgibt, mag auch der Zerrissenheit der Protagonisten, deren Lakonie wie auch charakterlichen Konturen im Übrigen sehr an die Figuren von Marguerite Duras erinnern, Rechnung tragen. Während die Jünglinge nach Aufbruch dürsten, leiden die Erfahrenen an ihrer lähmenden Müdigkeit.. Mal in Sturm und Drang, dann an der Grenze zur Selbstaufgabe treten Erstere für die Wiederbelebung des einstigen, gemeinsamen Glücks ein, derweil Letztere mit sich unentwegt hadern. ... Unter dem vom „European Theatre Convention“ entwickelten Leitgedanken „Die Kunst des Alterns“, wozu Adnan hiermit einen sensiblen Prolog vorlegt, überzeugt das Staatstheater mit einem vielstimmigen wie souveränes Kammerstück. Chapeau, selten werden Liebe und Verlust als derart virtuoses Bühnenerlebnis fassbar!"

Den ganzen Artikel finden Sie hier.


Badische Neueste Nachrichten, Andreas Jüttner, 19.10.2013

(...)

Ihre Vorbemerkung, das Stück könne „auf dreierlei Arten gespielt werden: von zwei Frauen unterschiedlichen Alters, oder von zwei Männern unterschiedlichen Alters, oder von einer Frau und einem Mann, der viel jünger ist als sie“, greift der junge Regisseur Mathias Hannus auf, indem er mit wechselnden Geschlechterkonstellationen spielt. Der gelungene Kunstgriff zeigt, dass die Liebe sowohl immer gleich als auch immer anders ist.

(...)

Dann wird Eva Derleder durch Ronald Funke abgelöst – und einige der gerade gehörten Sätze erklingen noch einmal. Nur wirken sie, allein durch die neue Konstellation, verblüffend anders. Was ebenso gilt, als Antonia Mohr für Robert Besta Platz macht und aus der klassischen Mann-Frau-Beziehungskrise der Clinch zweier Männer wird. So gilt der eingangs zitierte Satz „Alles ändert sich“ auch für dieses verbale Duell und den Zuschauerblick darauf. Dabei sind es oft nur Nuancen, mit denen sich die Darsteller voneinander absetzen: Eva Derleder tritt Antonia Mohr mit abweisender Härte gegenüber, Ronald Funke begnügt sich mit mürrischer Knurrigkeit, die er wiederum Besta gegenüber einmal völlig fallen lässt, als seine Figur einen erlösenden Moment der tiefen Berührung erlebt – einen Moment, den Derleder kurz darauf mit Mohr eher als Eindringen in ihre Emotionskontrolle zu empfinden scheint.

Erkennbar wird, wie unterschiedlich die drei Aufführungen wären, sähe man in jeder Konstellation das ganze Stück. Das schafft einen reizvollen Kontrast: Der inhaltlichen Ausweglosigkeit wird spielerisch die Vielfalt der Lebensoptionen gegenübergestellt. Langer, herzlicher Applaus.


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