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Nachtkritik.de, Steffen Becker, 2.10.2015

Eigentlich geht es um Liebe zwischen Deutschen und Israelis, die Autor und Regisseur Avishai Milstein mit seinem Stück dokumentiert und in Kooperation mit dem Teatron Beit Lessin Tel Aviv auf die Bühne bringt.
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In der Inszenierung verlässt er sich dafür auf eingängige Situationskomik, die das Abtasten des Elefanten von der Erdenschwere des Diskurses löst und dem schwungvollen Spiel gut aufgelegter Darsteller überlässt.
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So reiht sich eine absurde Szene an die nächste, im wilden Wechsel von hebräisch, englisch und deutsch (alles übertitelt) – was die Konfusion der Identitäten noch zusätzlich illustriert. Die besondere Spannung überträgt sich auch ins Publikum. Es wird lauter gelacht, mehr geklatscht, man ist aufgekratzter . . .
Umso bemerkenswerter, dass die Schauspieler aus Tel Aviv und Karlsruhe sich als hervorragend harmonierende Einheit präsentieren. Alle meistern die raschen Wechsel der Rollen unterschiedlichen Alters und Hintergründe souverän und überzeugend. Will man überhaupt jemanden herausheben, dann muss es Rafi Tavor sein. Er ist der einzige, der sowohl deutsche als auch israelische Vorbilder in allen drei Sprachen auf die Bühne bringt. Man nimmt ihm den jovialen "wird man ja noch sagen dürfen"-Bayern, der als Kind für Daliah Lavi schwärmte und heute den Israel-Boykott von Pink Floyd dufte findet genauso ab wie den wütenden Ehemann, der seiner Frau vorwirft, ihn nur als Alibijuden zur Versöhnung mit der Vergangenheit ihres Nazi-Vaters missbraucht zu haben.

Letztere Tirade ist eingebettet in ein Finale, bei dem sich die Szenen vermischen, die Schauspieler sich den Ausbruch der Befindlichkeiten gegenseitig übersetzen und man sich auch den Verschwörungstheorien widmet, dass die Juden den Deutschen ein dauerhaft schlechtes Gewissen machen, um sie abzukassieren. Da stockt kurz der Atem im Publikum. Aber Regisseur Milstein weiß um dessen Bedürfnisse und lässt "Love Hurts" versöhnlich enden. Sein Reigen endet mit Evyatar, der in Deutschland das Inbegriff des Bösen sah, doch stattdessen gaben ihm die vielen positiven Begegnungen eines Austausches Hoffnung – seitdem ist er immer wieder auf der Suche nach diesem magischen Sommer. Was so viel sagen will wie: Der Elefant im Raum ist da, aber vielleicht lässt er sich ja zähmen und auch durch Wagner-Arien nicht provozieren.

Lesen Sie hier die ganze Kritik.


BNN, Andreas Jüttner, 6.10.2015

Spielwitz statt Schmerzen
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Es geht um Paare, die früher oder später damit fertig werden müssen, dass zwischen ihnen oder zumindest ihren Familien die Kluft eines Völkermords steht. Dabei bringt Regisseur Avishai Milstein sein nach Interviews mit rund 35 deutsch-israelischen Paaren entwickeltes Stück mit bemerkenswert leichtfüßigem Ton auf die Bühne – auch, weil er alle Mitglieder des deutsch-israelischen Ensembles starke Präsenz entwickeln lässt. Wenn etwa die Deutsche Alexandra von Haifa zurück nach Hamburg geht, weil sie ihren Sohn weder beschneiden lassen noch später in die israelische Armee schicken will, dann hinterfragt Darstellerin Veronika Bachfischer den schützenden Mutterinstinkt, indem sie in Tonfall und Mimik egozentrische Züge andeutet. Als charmanter Frauenverführer Uri, der in Berlin vom Blitz der Liebe getroffen wird, wickelt Vitali Friedland das Publikum hinreißend um den Finger, während Rafi Tavor als deutscher Daliah-Lavi-Verehrer . . . ebenso überzeugt wie als verbitterter Jude, der herausfindet, dass er für seinen gerade verstorbenen Schwiegervater nur als Alibi für dessen Nazi-Verstrickungen gedient hat. Hadas Kalderon hat große Auftritte als eingangs erwähnte Lea und als Liat, die darunter leidet, wie unnachgiebig ihre Familie ihren Partner Frank ablehnt. Den spielt Sebastian Reich mit kühler Zurückhaltung – er kann aber auch sympathisch schüchtern sein, etwa als Peter in der emotional wie erotisch aufgeladenen On-Off-Beziehung mit der exaltierten Sivan, in deren Darstellung Florentine Krafft impulsive Vehemenz und Spielwitz verbindet.

So vermittelt das Ensemble, dass es dem rund 75-minütigen Stück . . .eher um das erste Wort im Titel geht: Die Kraft der Liebe dominiert über die Schmerzen. So ist diese Produktion
. . . auch ein Versöhnungsangebot – nicht zuletzt an jene, die bei einem solchen Thema vorm Theaterbesuch zurückschrecken, weil sie bleierne Schwere fürchten. Langer, herzlicher Applaus.


Yedioth Achronot, Shai Bar-Vaacov, 16.10.2015

... Die bunte Collage, die Milstein aus den verschiedenen Geschichten zusammenbastelte, wird von den sechs hervorragenden Schauspielern präzise dargestellt.
.. Alle ... beeindrucken mit der Verkörperung ‎von komplexen menschlichen Situationen... In einer besonders lustigen Situation sprechen die Schauspieler "Jibberish", so , wie sich Hebräisch für deutsche Ohren anhört: In solchen Momenten gelingt das subversive Potential dieser Ko-Produktion am ehesten.
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Badisches Tagblatt, Thomas Weiss, 7.10.2015

Das Auftragswerk "Love hurts" ist zur Feier der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel vor 50 Jahren neue entstanden. Die Uraufführung fand vor einem Monat in Tel Aviv im Teatron Beit Lessin statt, das mit dem Badischen Staatstheater kooperiert. Das Stück basiert auf anonymisierten Interviews, die der Autor und Regisseur Avishai Milstein mit "gemischten" Paaren aus beiden Ländern führte. Entwickelt wurde es mit deutschen und israelischen Schauspielern, die sich in Probenphasen in Karlsruhe und Tel Aviv trafen und "Love hurts" auf Deutsch, Englisch und Hebräisch spielen . . .

Adam Keller, der auch für die Kostüme verantwortlich zeichnet, hat eine hell ausgeschlagene Bühne geschaffen, die bis auf eine Ansammlung von Koffern und Trolleys leer ist. Eine durchaus symbolhafte Ausstattung - sind die Protagonisten von "Love hurts" doch oft auf Reisen, von Deutschland nach Israel, oder umgekehrt. Bei manchen scheint es sich um eine Reise zu sich selbst oder eine Flucht vor der eigenen Person zu handeln.

Manchmal gelingt es den Darstellern (Veronika Bachfischer, Florentine Krafft, Hadas Kalderon, Vitali Friedland, Sebastian Reiss und Rafi Tavor) über die Klischees, die in "Love hurts" oft breitgetreten werden - die Israelis sind emotional direkter als die Deutschen, die wiederum von Effizienz gezeichnet sind -, die Paarbeziehungen in ihren jeweiligen Perspektiven lebendig werden zu lassen. Ablehnung des jeweils anderen Partners durch die Familie ist eine Konstante, wie bei der Israelin Liat, die zu ihrem Freund nach Cottbus zieht, und deren Familie den Kontakt abbricht. Oft sind es aber die Probleme des alltäglichen Familien-Lebens, die eine Partnerschaft belasten oder scheitern lassen.
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Teilweise sind die Einblicke in die Paarprobleme und die Auswirkungen der deutschen Verbrechen an den Juden auf sie recht differenziert gezeichnet, gelegentlich scheinen sie aber ebenso banal wie in vielen anderen Beziehungen auch, die nicht von der Last der Geschichte betroffen sind.

 


TITEL Kulturmagazin, Jennifer Warzecha, 12.1.2016

Charmantes Rollenspiel im Zeichen von Liebe, Kultur und Abhängigkeiten...

Lesen Sie die komplette Rezension hier.


de50il.org, 28.8.2015

Ein Interview mit Avishai Milstein zu Love hurts / !לא לשכוח - לאהוב finden Sie hier.


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