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Badische Zeitung, Alexander Dick, 15.10.2018

Regisseurin Verena Stoiber setzt am Badischen Staatstheater Karlsruhe ein originelles Konzept um.
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Der düstere Kirchenraum mit Beichtstuhl, Chorgestühl und Altartisch gibt den Takt der Inszenierung vor: Glaube, Aberglaube und Tradition im Widerstreit.
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Für ihre "Freischütz"-Konzeption waren Stoiber und Schneider 2014 beim renommierten Grazer Regiewettbewerb "Ring Award" mehrfach ausgezeichnet worden . . . Der Preis ist mehr als verdient. Denn der Inszenierung gelingt eine klare, konzise Zeichnung der Figuren . . .
Stoiber demontiert aber nicht Weber, dessen Musik sie viel Raum zur Entfaltung einräumt – im Schulterschluss mit Johannes Willig. Der gebürtige Freiburger und erste Kapellmeister in Karlsruhe setzt die Partitur ganz eindringlich "maßstabsgetreu" um. Man denkt nicht nur einmal an Carlos Kleibers exemplarische "Freischütz"-Aufnahme, wenn er und das Badische Staatsorchester der Musik Raum zum Atmen geben – übrigens sehr wirkungsvoll in den richtigen moderaten Tempi. 
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Dieser "Freischütz" ist auch vokal bemerkenswert . . . Matthias Wohlbrecht gelingt mit seinem erdigen, ins Charakterfach tendierenden Tenor eine differenzierte Studie des Max . . . Dass das Staatstheater mit diesem guten Saisonauftakt für die neue Operndirektorin Nicole Braunger ein Stück weiblicher geworden ist: Man(n) registriert es mit Freude . . .


BNN, Isabel Steppeler, 15.10.2018

Interessant, in sich konsequent und mit Augenzwinkern ausgearbeitet . . . Beim Ring Award 2014 in Graz, in dessen Jury Generalintendant Peter Spuhler ist, hat ihr Konzept sämtliche Preise erhalten. In Karlsruhe spaltet es die Gemüter. Buhs kontra Jubel im Staatstheater: allein dafür Chapeau!
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Stoiber treibt die Frage um, was es mit einer Gesellschaft macht, wenn das Sündhafte auf Teufel komm raus – hier passt der Spruch – unterdrückt und die Norm hochgehalten wird. Und wenn es allein eine starr auf Gebote pochende Gemeinde ist, die darüber befindet, was gut ist und was Sünde. Um das zu vermitteln, lassen Stoiber und ihre Ausstatterin Sophia Schneider die Oper in einer Kirche spielen . . . Die gesprochenen Passagen ersetzt die Inszenierung durch Videos, in denen sich die Protagonisten vorstellen. Dabei wird klar: Auch sie haben die Verdrängungsmechanismen längst verinnerlicht. 
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Stoiber findet für ihre Deutung stimmige Bilder . . . Nicht der Teufel zieht die Fäden, sondern die Gemeinde selbst, was Stoibers Dreh in der Wolfsschluchtszene brillant zeigt: Statt des Grusels im Wald beim Kugelgießen lässt sie die Messe feiern. So schwarz die auch daherkommt, sie ist eine ganz gewöhnliche Eucharistiefeier mit Wandlung und Kommunion. Kaspar ruft auch nicht Samiel zu Hilfe – sein Zwiegespräch mit den Teufel überträgt Stoiber in den gemurmelten Dialog zwischen Priester und Gemeinde.
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Mit seinem immer hellwachen Dirigat führt er die Badische Staatskapelle .  . wunderbar behände durch die Wechsel zwischen Volkstümlichkeit und verschattet bedrohlicher Romantik. Man erlebt die faszinierend-geheimnisvolle Welt zwischen naivem Märchen und Schauer.


Badisches Tagblatt, Nike Luber, 15.10.2018

Die Musik! Johannes Willig und die Badische Staatskapelle zelebrieren schwungvoll und farbenreich Webers Komposition. Da werden musikalisch dunkle Mächte beschworen, lebhaft die volkstümlichen Chorsätze untermalt und feinsinnig die lyrischen Momente ausgeleuchtet. Das Ensemble singt und spielt mit Hingabe.

Ina Schlingensiepen gibt überzeugend eine Agathe, die zwar immer von ihrer Liebe zu Max singt, deren Verhalten aber etwas ganz anderes zeigt. Gekonnt setzt sie die ganze Palette ihrer Stimme ein, die auch im Pianissimo sehr schön trägt . . .


Die Rheinpfalz, Frank Pommer, 15.10.2018

Sehr kreativ ist . . . die Art und Weise, mit der die Regie mit den zum Teil doch etwas sperrigen Dialogen von Librettist Johan Friedrich Kind umgeht. Sie werden durch Videos (Thiemo Hehl) ersetzt, in denen sich die Protagonisten der Oper selbst vorstellen. Das funktioniert ganz wunderbar und verabreicht der Heimat- und Waldromantik-Oper auch eine angenehme Portion Ironie . . . Die Regie verhandelt existenzielle Fragen. 
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Differenzierter jedenfalls klang ein „Freischütz“ selten.


Pamina Magazin, Christine Gehringer, 16.10.2018

Dabei scheint die Idee, das Ganze in einer Kirche anzusiedeln (Ausstattung: Sophia Schneider), sogar naheliegend - denn das Libretto bietet hierfür geradezu eine Steilvorlage: Es geht im Kern tatsächlich um Schuld, Sühne und Verstrickung.
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Es ist zunächst einmal löblich, dass Verena Stoiber im Freischütz nicht - wie oft üblich - die "deutsche Nationaloper" in den Blick nimmt, sondern völlig zu Recht die Frage stellt, inwieweit der Mensch für sein Tun, Gut oder Böse, ganz alleine verantwortlich ist. Und dies nicht etwa pauschal der Gesellschaft anlastet, so wie man das ebenfalls häufig auf der Bühne erlebt. Obwohl diese bigotte, traditionsbewusste Gesellschaft natürlich eine entscheidende Rolle spielt.
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ein lieblicher, volksliedhafter Ton, dann wieder kalte Schauer-Romantik, dazu ein helles und feines Klangbild.

 


Neue Musik Zeitung, Joachim Lange, 15.10.2018

Verena Stoiber hat sich der oft in peinlichem Sängersprech absolvierten Dialoge von Johann Friedrich Kind entledigt. Stattdessen gibt es Videoeinspieler von Thiemo Hehl, in denen jeder Protagonist mit einem erfrischenden Maß an Distanz seine Rolle reflektiert. Das machen sie durchweg gut. Und wenn Agnieszka Tomaszewska – halb sie selbst, halb das Ännchen, das sie spielt, über Sinn und die Glaubwürdigkeit des Probeschuss-Rituals spricht und ganze für Quatsch hält, dann hat man kaum eine andere Chance, als ihr innerlich spontan zuzustimmen . . .


Die Deutsche Bühne online, Detlef Brandenburg, 14.10.2018

mit heftigen Buhs, aber auch leidenschaftlichen Bravos überschütteten Inszenierung . . .
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Wo der Glaube repressiv ist da ist der Aberglaube nicht weit. Und wo das Böse streng vom Guten geschieden wird, da treibt Ersteres im Verborgenen die giftigsten Blüten. Unter diesem Aspekt können Kaspar und Max geradezu verschmelzen . . .


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