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BNN, Andreas Jüttner, 26.4.2019

Man schwebt durch einen Raum voller Musik

Im Foyer des Staatstheaters Karlsruhe wird die virtuelle Opernproduktion „Digital Freischütz“ präsentiert

Schwerelos schwebt man durchs All. Ringsum Sterne, geradeaus ein riesiges rotes Geflecht wie aus Dornen. Inmitten davon eröffnet sich ein runder Raum wie eine kleine Arena. Darin erscheint Kammersänger Konstantin Gorny und singt die Arie des finsteren Kaspar „Schweig, damit dich niemand warnt“ – ein erster Eindruck aus der Virtual-Reality-Installation „Virtual Freischütz“, die an diesem Freitag am Badischen Staatstheater Karlsruhe erstmals öffentlich präsentiert wird.

„Das soll keine Konkurrenz oder gar ein Ersatz für die eigentliche Aufführung sein“, betont Björn Lengers vom Produktionsteam. Der Medienkünstler ist mit seinem Kollegen Marcel Kamapke seit 2016 als „CyberRäuber“ aktiv. Ihr Ziel: die neue Technik Virtual Reality mit dem alten Medium Theater verbinden, um beide zu bereichern. Denn: „Virtual Reality ist, entgegen der landläufigen Meinung, nicht ein Film in 360-Grad-Optik, sondern ein künstlicher Raum, in dem der Besucher sich bewegen und zu dem er sich verhalten kann“, erklärt Lengers. „Während Film die Blickrichtung des Zuschauers lenkt, stellt sich bei Virtual Reality die Frage, wie man in einem Raum die Aufmerksamkeit der Benutzer lenken kann – und das tut Theater seit Jahrtausenden.“ (...)

Im Geist dieser Differenzierung steht auch seine Haltung zum Einsatz der neuen Technik: „Ziel ist nicht, dass jeder im Theater eine VR-Brille aufhat und in seine eigene Welt abtaucht – das Besondere an Theater ist ja, dass man gemeinsam etwas erlebt.“ Wie sich das mit VR erreichen lässt, das erforschen die „CyberRäuber“ nun in einem dreijährigen Projekt der Bundeskulturstiftung (...).

„Digital Freischütz“ ist das erste dieser Projekte – und auf den ersten Blick ein Widerspruch zu Lengers Bekenntnis zur Gemeinsamkeit, werden hier doch je vier Besucher auf individuelle Kurztrips durch den musikalischen Kosmos von Webers Oper geschickt. „Die Erfahrung zeigt aber, dass die Leute sich hinterher darüber austauschen, was sie gesehen und welche Räume sie entdeckt haben“, erläutet Lengers. Diese Kommunikation sei oft intensiver als nach dem gemeinsamen Erleben von mehrstündigen Aufführungen. Womit man beim Stichwort Länge wäre: „Digital Freischütz“ bietet vier Episoden von je 15 Minuten. „Für diese Dauer ist das ungewohnte Gefühl des künstlichen Raumes auch für VR-Neulinge gut auszuhalten“, so Lengers. Die Notwendigkeit, die Oper in Fragmente aufzuteilen, habe auch zu großer künstlerischer Freiheit geführt: „Weil bei uns jede Episode für sich selbst stehen soll, mussten wir keinen verbindenden dramaturgischen Bogen schaffen“, erklärt Lengers die unterschiedlichen Ansätze der Fragmente: Während Kaspar über der bodenlosen Schwärze des Alls singt, tritt Ännchen (Agnieszka Tomaszewska) in einem Irrgarten auf. Eine Arie von Agathe (Ina Schlingensiepen) spielt auf zwei Ebenen, während man in der Episode zu Max durch ein virtuelles Gebirge aus Bildern des Sängers Matthias Wohlbrecht streift.

Nicht zuletzt findet Lengers das aktuelle Projekt spannend, weil es mit dem Opernstoff ein weit verbreitetes Klischee aushebelt: „Ein häufig anzutreffendes Denkmuster an Theatern ist: ,Oh, die machen was Digitales, das ist doch was für unser junges Publikum.‘ Wir wollen aber nicht nur neue Leute ins Theater locken, sondern auch bei Theatern und ihrem Besucherstamm Interesse für neue Technik wecken.“ 


SWR 2, Marie Dominique Wetzel, 25.4.2019

Der Freischütz als Virtual-Reality-Oper in Karlsruhe

Link zum Nachhören:

https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/journal/oper-der-freischuetz-als-virtual-reality-oper-in-karlsruhe/-/id=659282/did=23919692/nid=659282/16st4c1/index.html


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