Ballettdirektor Raimondo Rebeck über Jean-Christophe Maillots Tanzklassiker "Romeo und Julia"
Eine Romeo und Julia-Inszenierung im Repertoire zu haben, ist für unseren Schwerpunkt auf einem erzählerischen Ballett-Theater natürlich ein absolutes Muss. Jean-Christophe Maillot ist ein Choreograf, dessen Werke in Baden-Württemberg bisher erstaunlich selten gezeigt wurden und auch noch nie in Karlsruhe zu sehen waren. Aber nicht nur, um dem Publikum in der Fächerstadt diesen herausragenden Künstler zu präsentieren, habe ich Maillots Version der berühmtesten Liebesgeschichte der Welt aus dem Jahr 1996 ausgewählt. Seine Produktion strahlt Kraft, Dynamik und einen Geist der Neuerung aus, wirkt auch im Jahr 2025 noch frisch und verjüngt, obwohl sie mittlerweile auch schon fast 30 Jahre alt ist.
Ich denke, das liegt daran, dass Jean-Christophe Maillot alle Nebensächlichkeiten entfernt hat und sich auf das Wesentliche im emotionalen Sinne konzentriert, auf die jungen Liebenden. Dabei geht es ihm weniger darum, die sozialen Konflikte zwischen den verfeindeten Familien darzustellen (obwohl auch dies nach wie vor gesellschaftlich hochaktuell ist), sondern vielmehr um die Probleme von Teenagern innerhalb der gesellschaftlichen Zwänge, in denen sie aufwachsen. Es ist ein Bezugswert, der nie an Aktualität verliert: Jugendliche, die sich mit extremen Emotionen und großen innerlichen Konflikten auseinandersetzen müssen.
Maillot hat allen historischen Ballast – in der Dekoration und choreografisch – abgeworfen und richtet – auch durch seine filmische Erzählweise und Klarheit – noch mehr den Fokus auf die emotionale Dramatik und die tänzerischen Stärken. Als ich 1998 in Essen in der ersten Neueinstudierung nach der Uraufführung in Monte-Carlo die Titelrolle Romeo tanzte, war es genau diese radikale emotionale Direktheit, die mich vor allem als Darsteller so begeisterte. Maillots Bewegungssprache ist ästhetisch, nach wie vor zeitgenössisch und hat nichts an Modernität eingebüßt. Sie kennenzulernen, tut allen Tänzer:innen des Staatsballett gut; sie ist ein Gewinn für den Spielplan einer jeden Compagnie und, davon ich bin überzeugt, auch ein besonderes Erlebnis für das Publikum.
Maillots Shakespeare-Adaption eröffnet mir das große Glück, sehr viele unterschiedliche Rollen besetzen zu können, sodass sich viele Ensemblemitglieder gemeinsam präsentieren können. Mir war es wirklich wichtig, meiner Compagnie diese Gelegenheit und Herausforderung zu geben, sich tänzerisch, emotional und vor allem darstellerisch zeigen zu können, in all ihren Stärken, die sie hat.
Romeo & Julia
Ballett von Jean-Christophe Maillot
Musik von Sergej Prokofjew
Premiere am 26.4.2025