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STATEMENT

Liebes Publikum!

Es mag ein naiver Glaube sein, dass wir durch Musik und Theater Frieden stiften können. Und dennoch befinden wir uns im Theater in einem geschützten Raum. Wir bringen Menschen unterschiedlicher Nationalität und Herkunft für einige Stunden zusammen, lassen Welten entstehen, in denen Auseinandersetzungen eskalieren und gleichzeitig Versöhnungen zumindest als Utopien aufgezeigt werden. Theater bildet Realität nicht eins zu eins ab, ist aber Teil der realen Welt und weckt Verständnis für unterschiedliche Blickwinkel. In diesem Zusammenhang spiegeln die Neuinszenierungen 2023/24 helle und dunkle Seiten der Macht wider.

Macht ist dabei nicht von Natur aus böse. Macht ist einfach da. Sie ist nur dann schlecht, wenn sie missbraucht wird. Unsere Eröffnungspremiere Nabucco zeigt wahnsinnige Politiker*innen, menschliche Hybris, Fake News und religiösen Fanatismus. Und dennoch entlässt der frühe Verdi uns in dieser Oper nicht ohne Hoffnung auf Umkehr der Gewaltspirale unter den Mächtigen. In Strauss’ Spätwerk Die schweigsame Frau geht es auf humorvolle Weise um die Macht der Musik, die Altersstarrsinn und Trotz heilen kann. Außerdem werden Dissonanzen im Dialog der Generationen überwunden. Auch in Mozarts Dramma giocoso Così fan tutte ist die Machtfrage zentral. Neben der Macht der Verführung spielt auch ein erfundener Krieg eine Rolle. Mit dem Dramma per musica Siroe, Re di Persia wird im Rahmen der INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE KARLSRUHE ein brutales Ränkespiel um Thron und Liebe neu inszeniert. Unerbittlich greifen die Protagonist*innen nach jedem Intrigenmittel, um ihre Rachsucht zu stillen. In der barocken Kinderoper Schaf will ein Prinz seine Macht abgeben und eine neue Identität mit Hilfe der Freundschaft zu einem Schaf finden. Bei Wagners Tannhäuser erlebt die Titelfigur, wie ein Rauschzustand durch die Macht der Liebe auf dem Venusberg nur vorübergehend anhält. Später erfährt der einstige Revolutionär, wie viele Mühen es kostet, sich der Macht der Wartburg-Gesellschaft zu beugen. Die selten gespielte Zemlinsky-Oper Der Kreidekreis, mit der wir die Saison beschließen, ist ein Musterbeispiel für die Macht des Patriarchats. Die Ohnmacht des Mädchens Haitang, das in ein Bordell verkauft und dann zwangsverheiratet wird, steht für den Kampf Arm gegen Reich, aber auch für den Kampf um die Würde der Frau. Mit einem märchenhaften Schluss versucht der Komponist, trotzdem die Hoffnung auf Veränderungen in einer unmenschlichen Situation nicht aufzugeben.

Wir laden Sie, verehrtes Publikum, herzlich ein, diese neuen musikalischen „Macht-Spiele“, die wir Ihnen neben zahlreichen Wiederaufnahmen präsentieren, mitzuerleben.

Herzlichst

Nicole Braunger, Monika Riedel, Florian Köfler Matthias Heilmann

Spartenleitungsfoto der Oper: Nicole Braunger, Operndirektorin; Monika Riedel, Opernreferentin; Florian Köfler, Opernmanager; Matthias Heilmann, Operndramaturg