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Alexander Dick, Badische Zeitung, 16.10.2013

Die Opulenz der Tragödie

Das Ergebnis ist eine durchaus stringente, in ihrer Optik (Bühne: Friedrich Eggert, Kostüme: Doey Lüthi) opulente Produktion, die eine ganze Reihe großer Momente nicht zuletzt durch Stefan Woinkes Lichtregie erhält. Dann etwa, wenn das verhinderte Liebespaar Gustav und Amelia im zweiten Akt die Unmöglichkeit des Negierens seiner Gefühle erkennt, symbolisiert durch einen grellen Lichtkegel: "irradiami d’amore" – leuchte meiner Liebe… Stiehl liebt das Spiel mit den stilistischen Ebenen. Die Matrosenuniformen im zweiten Bild bei der Wahrsagerin Ulrica assoziieren Musicalflair – da ist Bernsteins "On the town" nicht weit. Gleichzeitig denkt man bei den 50er-Jahre-Kittelschürzen der Frauen um Ulrica eher an das italienische Kino dieser Zeit. Man kann Stiehl vorwerfen, dass nicht alle diese Einfälle mit großem Erkenntnisgewinn verbunden sind. Gleichwohl zieht sein Theater seine Energie nicht allein aus den Bildern, sondern aus einer sehr profunden, detaillierten Personenregie. Und sein "Maskenball"-Schlussbild hat in seiner Umkehrung der Idee etwas Genialisches: Die Figuren schöpfen ihr Inkognito nicht aus der Vielfalt der Masken, sondern aus deren Uniformität: schwarze Renaissance-Kostüme mit breiten, weißen Halskrausen – die Wahl der (unzensierten) "schwedischen" Fassung der Oper nach dem Drama von Eugène Scribe findet hier auch noch ihre optische Bestätigung.


BNN, Isabel Steppeler, 14.10.2013

Mustergültig beseelender Verdi: „Ein Maskenball“ am Badischen Staatstheater Karlsruhe

"Das Cello beginnt zu weinen, ihm folgt Amelia. „L’unico figlio mio/Avvincere al mio seno“, sie ist verzweifelt. Die der Untreue Bezichtigte fleht ihren Mann, den Fürsten Anckarström, auf Knien an, noch ein letztes Mal ihren Sohn an die Brust drücken zu dürfen. Es ist das Herz einer liebenden Mutter, der die Sängerin Barbara Dobrzanska in diesem Augenblick größtmöglicher Verzweiflung ein Maximum an Gefühlen mit ihrer sinnlichen und leidenschaftlichen Stimme schenkt. (…) Mit einem mustergültig beseelenden Verdi gratuliert nun das Karlsruher Haus dem Jubilar mit der ersten Opernpremiere der Spielzeit. (…) Das ästhetisch sehr ansprechende Bühnenbild (Friedrich Eggert) besteht aus einem in zwei Hälften sich spaltenden großen Saal. Links eine steinern graue, kühle Architektur im klassizistischen Stil, rechts offenbar deren restaurierte und deutlich wärmere Variante. Dies wie auch Bezüge zwischen Szene und Libretto – etwa die Matrosenkostüme zu Gustavs Arie „Sag mir, ob die See mich treu erwartet …“ – dienen Stiehl dazu, die Kluft zwischen trügerischer Heiterkeit und dem Verderben zu veranschaulichen. Immer wieder reißen Fassade und Boden auseinander. Das Faszinierende an Verdis Maskenball, nämlich dessen Doppelbödigkeit, der böse Witz, die Ironie und die rhythmisch akzentuierten sarkastischen Liedchen der Verschwörer kommen so bestens zur Geltung.

Andrea Shin spielt einen naiv-gutgläubigen König Gustav mit rotem Leucht-Jojo. Sein Spielzeug schubst er synchron mit den ersten Takten der Ouvertüre gleich mal leger gen Boden und registriert schulterzuckend den mit Krone und Halskrause maskierten Totenschädel auf dem noch nicht geöffneten schwarzen Vorhang. (…) Shin begeistert mit ebenmäßigem Timbre und großer Strahlkraft und findet in dem Bariton Jaco Venter ein würdevolles Gegenüber. Mit ihrem dunkel gefärbtem, gutturalen Alt ist Ewa Wolak geradezu die Idealbesetzung für die Wahrsagerin Ulrica. Der erste größere Zwischenapplaus galt ihrem Auftritt. Auch Ina Schlingensiepen läuft erneut zur Höchstform auf, ihr Stimmfach ist wie gemacht für die Partie des Pagen Oscar. Außerdem legt sie wieder viel Esprit in ihre Rolle, nicht zuletzt beim Aufheizen der Matrosen mit blauen und gelben Cheerleader-Pompons. Unter den Verschwörern stach Lucas Harbour heraus."


Badisches Tagblatt, Lotte Thaler, 14.10.2013

Verdi-Oper "Ein Maskenball" in der gelungenen Karlsruher Inszenierung von Aron Stiehl

"Es ist der Riss, der durch die Protagonisten geht, und der schon bald nach Beginn der Premiere im Badischen Staatstheater Karlsruhe das gesamte Bühnenbild von Friedrich Eggert spaltet: ein herrschaftliches Vestibül, links mit grauem Marmor verkleidet, rechts noch im rohen Ziegelmauerwerk, dazwischen gewissermaßen ein Bodenloses, aus dem das Böse und die Hexe Ulrica steigen. Nur sie kennt die Wahrheit, und Ewa Wolak lässt als Hexenküchenmeisterin in Blümchenkleid und Kittelschürze (Kostüme: Doey Lüthi) mit ihrer prachtvollen Altstimme und theatralischen Aktion ihre Mitspieler eine Weile blass aussehen.

Leider hat Verdi Ulrica nur eine einzige Szene gegeben, die aber hat es auch in Karlsruhe in sich. Vor allem musikalisch unter der sehr eindringlichen Leitung von Johannes Willig, wenn Ulrica dem König den Tod durch die Hand eines Freundes prophezeit, und Gustav nach einer dramatischen Generalpause sein Tanzliedchen weiterträllert, als wäre nichts geschehen. Typisch Mann, möchte man ausrufen: hört nicht richtig zu und verdrängt. (…) Andrea Shin singt ihn mit vollendeter Tenorstimme, auch ein wenig schwärmerisch am Anfang, aber im zentralen Liebesduett mit Amelia, der stimmschönen Barbara Dobrzanska, im zweiten Akt auf dem unheimlichen Galgenberg singt er von seiner Liebe, ohne sie sichtbar zu empfinden. (…) Beide erreichen erst im dritten Akt seelische Größe und damit auch ihre stimmliche Hochform. (…) Stiehl ist eher ein Regisseur der vorsichtigen Art, dem in Karlsruhe eine sehr konzentrierte, geschlossene und gut gearbeitete Inszenierung gelungen ist. Und dank des vorzüglichen Opernchors versteht man auch den Titel der Oper - ein Maskenball."


Rainer Wolff, Pforzheimer Zeitung, 14.10.2013

Konflikt von Niedertracht und Daseinsfreude

Das Karlsruher Ensemble zeigte sich in glänzender Form. Der fabelhaft disponierte Tenor Andrea Shin als Gustav wuchs im dritten Akt zu bedrängender Statur. Jaco Venter war ein kraftvoller, sehr präsenter Anckarström, der sich zu einer expressiven Charakterstudie mit wuchtiger Gebärde (und großzügiger Intonation) entfaltete. Barbara Dobrzanska gab der leidenden Amelia mit strömender Mittellage und einfühlsamen Kantilenen bewegende Kontur. Ina Schlingensiepen war als Page Oskar ein androgyner Schlingel mit glasklaren Koloraturen. Besonderes Lob verdient vor allem die grandiose Ewa Wolak, die als dämonische Wahrsagerin Ulrica alle Register ihrer fulminanten Stimme zog und vom Publikum für ihre vorzügliche Leistung gefeiert wurde. Starker Schlussbeifall dankte dem gesamten Ensemble, in erster Linie die musikalische Leistung würdigend.


Karl Georg Berg, Die Rheinpfalz, 14.10.2013

Im Licht des Schicksals

Die sängerisch stärksten Eindrücke gehen aber von Ewa Wolak als Ulrica aus, die ja auch eine großartige Erda ist. Mit sattem, sehr plastisch modelliertem Alt, expressiver Tongebung und ausgefeilter Diktion wird sie der elementaren Intensität und Tiefe dieser Musik als einzige wirklich voll gerecht. Lucas Harbour und Luiz Molz geben den hier Graf Ribbing und Graf Horn genannten Verschwörern pointierten Ausdruck. Vorzüglich singen die Vertreter der kleinen Rollen und der Chor in Ulrich Wagners Einstudierung.


Der neue Merker Wien, Gerhard Hoffmann, 15.10.2013

Karlsruhe: „UN BALLO IN MASCHERA“ 12.10.

"Angelehnt zur History um den schwedischen König Gustav III. inszenierte Aaron Stiehl „Un Ballo in Maschera“ (Giuseppe Verdi) am Badischen Staatstheater, jenen Herrscher welcher die lauernden Gefahren stets ignorierte, stellte Stiehl als Traumtänzer dar. Jo-Jo spielend, tänzerisch verspielt nimmt der König die Gefahren des bereits im ersten Bild anwesenden Attentäters kaum gewahr, stets stellt sich Graf Anckarström schützend vor den Freund. Textgenau ohne wesentlichen Verfremdungen wird die Handlung erzählt, die jedoch übliche Zeitverlegung zeigt die Aera vor dem zweiten Weltkrieg, somit auch der Outfit der Kostümierungen (Doey Lüthi), Ulrica in buntem Kleid mit offener Kittelschürze und Hochfrisur, attraktiv in schwarzer weiter Hose und weißer Bluse der kettenrauchende Oscar, die Herren teils im Cut oder Matrosenlook und das gesamte Ensemble zum Maskenball in einheitlich dunkler Robe, überdimensionierten Halskrausen, Pappkronen und Goldmasken. Der Bühnenrahmen (Friedrich Eggert) zeigt die Halle des Schlosses Drottningholm mit rissiger Fassade und untermalt somit optisch die bereits bröckelnde Macht, das bevorstehende Lebensende des Monarchen. Alles in allem eine gelungene, sehr ästhetische Produktion (...)."

Den ganzen Artikel finden Sie hier http://www.der-neue-merker.eu/karlsruhe-un-ballo-in-maschera


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