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Rheinpfalz, Rüdiger Krohn, 20.3.2015

Das Werk beschreibt die verwunderliche Liebesgeschichte zwischen dem ebenso berühmten wie umstrittenen Philosophen Martin Heidegger, dessen problematische Nähe zum Nationalsozialismus bekannt ist, und seiner hochbegabten Schülerin Hannah Arendt, die später als Intellektuelle und kritische Autorin zu großer Bedeutung kam. (…) Entscheidende Impulse erhält „Die Banalität der Liebe“ (…) durch den Versuch der israelischen Autorin, die komplexe psychologische Struktur dieser unmöglichen Liebesgeschichte und deren „Banalität“ diesseits des philosophisches Diskurses zu verstehen.
Hier machen sich auch die Pole des Stückes und seiner Inszenierung durch Frederik Tidén im Karlsruher „Studio“ fest. Das abstrakte Bühnenbild von Claudia Irro deutet dabei mit einem bespielbare Gestänge die rahmenden Spielorte nur an – eine Waldhütte als diskrete Liebeshöhle des Paares und ein New Yorker Hotelzimmer, in dem die gealterte Hannah Arendt 1975 einem jungen Mann, der sich später als Sohn ihres Studienfreundes herausstellt, Auskunft geben soll über ihr frühes Verhältnis mit und zu Heidegger. Die Dramaturgie des Stückes schiebt die lokalen und zeitlichen Ebenen ineinander, verbindet Bericht mit Reflexion, gespielte Erinnerung mit Analyse des Geschehenen. Das ist durchaus spannend gemacht und schlüssig entwickelt, wobei der Regisseur sich mit zusätzlichen Einfällen wohltuend zurückhält und die Geschichte in konzentrierten Bildern erzählt.
Das Hauptaugenmerk des Stückes und mehr noch der szenischen Umsetzung liegt auf den beiden vorzüglichen Protagonistinnen des 90-minütigen Abends: Annette Büschelberger spielt mit packender Intelligenz und souveräner Prägnanz die ältere Hannah, die das Spannungsfeld von Emotion und kritischer Einsicht nicht zu beherrschen versteht, und Veronika Bachfischer ist als junge Hannah eine hellwache, um selbstbestimmte Haltung auf Augenhöhe bemühte und doch lange in der vordergründigen Banalität dieser Affäre befangene Studentin, der ihr älterer Galan Heidegger in betörendem Sprachschwall diese Liebschaft als Projekt einer höheren Geistigkeit schönredet.
André Wagner trägt die hochtönenden Wortgirlanden des Philosophen wie halb verstandene Zitate vor und macht aus dem selbstgefälligen Professor einen schwachen, schließlich auch schäbigen Schwadroneur, dem es hier aber zu sehr an charismatischer Ausstrahlung fehlt, um Hannahs anhaltende Liebe zu rechtfertigen. Dem Interviewer Ben-Shaked (und früheren Studienkollegen Rafael), einem Hilfskonstrukt der Dramaturgie, gibt Johannes Schumacher kaum mehr als das zurückhaltende Profil eines Stichwortgebers.


BNN, Sibylle Orgeldinger, 16.3.2015

(…) Lässt sich Heideggers Philosophie von seinen politischen Äußerungen trennen?

Auf diese Frage fokussiert Frederik Tidén, der „Die Banalität der Liebe“ am Badischen Staatstheater Karlsruhe inszeniert hat. Seine Antwort: Nein. Wie eng Person und Philosophie verbunden sind, zeigt der Regisseur, indem er die verschiedenen Zeitebenen – von 1924 bis 1975 – und Schauplätze – von Heideggers Hütte im Schwarzwald bis zu Arendts Loft in New York – immer wieder ineinanderschiebt, private Gespräche und philosophische Debatten verschränkt. Dem entsprechen Bühne und Kostüme von Claudia Irro: Transparente Regale stehen im Vordergrund für die Skyline New Yorks und halten im Hintergrund Gegenstände mit Symbolcharakter bereit: Bücher, Bilder, Jagdtrophäen und einen Hammer.

Heidegger (André Wagner) trägt Trachtenjacke, geriert sich als Denker, Sprachkünstler und Schwätzer. Die junge Hannah Arendt (Veronika Bachfischer), zart, zweifelnd und stolz, nähert sich immer wieder der älteren (herausragend: Annette Büschelberger), einer eleganten, souveränen Intellektuellen, die nur das Verlangen nach einer Zigarette nervös macht. Fein differenziert zeichnen die Darstellerinnen die Entwicklung einer vielschichtigen Persönlichkeit nach und veranschaulichen den Konflikt, in den sie gerät ….

Parallel dazu läuft eine Handlung mit zwei fiktiven Figuren: Ein junger Mann (Johannes Schumacher), der sich als Journalist ausgibt, erscheint bei der älteren Hannah Arendt, um mit ihr über ihre umstrittene Berichterstattung über den Eichmann-Prozess zu sprechen, kommt jedoch immer wieder auf ihre Beziehung zu Heidegger. Schließlich stellt sich heraus, dass er der Sohn ihres früheren Kommilitonen und Freundes Rafael Mendelssohn (ebenfalls Johannes Schumacher) ist. Bei der Premiere im Rahmen der „Woche der Brüderlichkeit“ der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Karlsruhe erhielt die Inszenierung langanhaltenden Applaus.


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