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BNN, Andreas Jüttner, 12.4.2016

Die Bilder von der Leiche haben ihn 28 Jahre lang nicht losgelassen – da hat sich der Mann, der die junge Eisverkäuferin im Jahr 1987 im Hardtwald ermordet hat, während im Wildparkstadion ein Konzert von Tina Turner lief, selbst der Polizei gestellt. Doch auch den Polizisten Harald Martin, der damals am Tatort war, haben die Bilder nicht losgelassen. Nun erzählt Martin im Studio des Staatstheaters Karlsruhe vom damaligen Verbrechen – im Rahmen einer Aufführung, die auf einem viel diskutierten Buch beruht: In seinem Werk „Gewalt“ behauptet der kanadische Evolutionspsychologe Steven Pinker, die Menschheit werde keineswegs immer gewalttätiger – im Gegenteil. Frühere Kriege und Krisen mögen weniger Todesopfer gefordert haben als der Zweite Weltkrieg, aber bei weitaus geringerer Weltbevölkerung.
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In rund 70 Minuten schlagen die Volkstheater-Leiterin Beata Anna Schmutz (Regie) und der Dramaturg Jens Peters etliche schlüssige Schneisen durch das Themendickicht. So wird der Mord an der Eisverkäuferin verknüpft mit dem Mord von Kain an Abel. Die in der DDR aufgewachsene Wahl-Karlsruherin Ursula Leuchte-Wetterling berichtet von ihrem Wunsch nach Rache an einem Stasispitzel namens Wolf, den die Stasi als IM Peter Stein geführt hat – und kurz klingt an, wie im Märchen „Rotkäppchen“ ein Wolf mit Steinen getötet wird. Kindesmissbrauch, Folter, Raub Flucht und Vertreibung werden ebenso gestreift wie die Impulse Sadismus und Empathie.

Die Amateurdarsteller, von Susann Bosslau in mit Narben und Wunden versehene Kostüme gekleidet, werden ihren nicht leichten Aufgaben bemerkenswert gerecht.


Die Rheinpfalz, Rüdiger Krohn, 18.4.2016

Der Produktion liegt ein interessanter Ansatz zugrunde: Steven Pinker behauptet in seinem imposanten, thesenfreudigen Buch „Gewalt“ (2011), die Gewalt in der Welt sei rückläufig. So sei zum Beispiel die Opferzahl des Zweiten Weltkriegs im Vergleich mit der Weltbevölkerung relativ gering, weil frühere Kriege einen weit höheren Prozentsatz an der Gesamtheit der damals lebenden Menschen forderten. Solche und andere verblüffende Thesen über Entstehung, Strukturen, Beförderung und Dämpfung von Gewalt fordern zum produktiven Widerstand heraus . . .


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