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BNN, Sybille Orgeldinger, 3.12.2018

Der stärkste Mann der Welt“ – das nun am Badischen Staatstheater uraufgeführte Stück des amerikanischen Autors Noah Haidle fasst die Lebenslüge bereits im Titel zusammen, wobei die deutsche Übersetzung den Originaltitel „Strongman“ in den Superlativ setzt. Alt geworden, ist Joe Atlas längst nicht mehr der Stärkste; vielleicht war er es nie. Jedenfalls hat er so seine Tricks zur Täuschung und Selbsttäuschung. Klaus Cofalka-Adami vollbringt demgegenüber einen ehrlichen schauspielerischen Kraftakt in der Rolle des Mannes mit dem überdimensionierten Ego. Sogar mit der Sonne legt sich Joe an, versucht den Sonnenaufgang und damit die Hochzeit seiner Tochter zu verhindern . . . 

Wie lang hältst du das noch durch? Ausgesprochen oder nicht, richten fast alle diese Frage an Joe: seine Ex-Frau Diana (Claudia Hübschmann), sein Sohn Apollo (Alexander Küsters), seine Tochter Artemis (Anna Gesa-Raija Lappe) und sein Protegé Ricky (Heisam Abbas). Nur die Kellnerin Denise (Swana Rode), die sich geschwind in eine biegsame Artistin verwandelt, glaubt Joes Lügen von einer glanzvollen Zukunft.
Wie lang halten sie das noch durch? Die Frage geht auch an die Regisseurin Christina Paulhofer und das Ensemble, denen die mal fein abgestufte, mal grob überzeichnete Darstellung der Figuren zweifellos gut gelingt . . .

„Der stärkste Mann der Welt“ zeichnet sich, wie von Noah Haidle bekannt, durch das Changieren zwischen Realem und Surrealem, Tragik und Komik aus, wozu das an einen Zirkus erinnernde Bühnenbild von Christina Paulhofer und die beißend bonbonbunten Kostüme von Lili Wanner gut passen. . 


Stuttgarter Zeitung, Roland Müller, 5.12.2018

„Haidles Stück spielt in aller Lässigkeit mit der griechischen Mythologie und ist ein mit viel Lametta verhübschter Abgesang auf Heldentum und Patriarchat – und abermals erweist sich der Autor, dessen schrille Hausfrauenfarce „Alles muss glänzen“ 2015 zum besten ausländischen Stück gewählt wurde, in seiner jüngsten Groteske als virtuoser Verpackungskünstler. Schwere Themen wickelt er in Entertainment, das manchmal eimerweise mit Theaterblut beschmiert wird und den amerikanischen Traum in einen American Nightmare verwandelt. Die Karlsruher Feminats-Regisseurin Christina Paulhofer folgt dieser trashigen Spur. In ihrer Uraufführung der Kraftsack-Satire pariert sie Haidles verrückte Einfälle mit schrägen szenischen Ideen: Joe Atlas, ein Egomane, der partout nicht loslassen kann, klammert sich blind an die ruhmreich verklärte Vergangenheit ebenso wie an seine heiratswillige Tochter namens Artemis. Weil er also die Zeit an- und Tochter & Assistentin in ihrer Absetzbewegung aufhalten will, kettet er sich wie ein antiker Heroe an die Sonne und dreht sie wieder und wieder hinter den Horizont zurück: ein Kettenhund-Sisyphos, der sich in Gestalt des schmächtigen Klaus Cofalka-Adami immer tiefer in die familiäre Isolation schuftet. Die Las-Vegas-Bühne prunkt dabei mit Stars & Stripes, farblich harmonierend mit dem himbeerroten Hemd und den weißen Hosen des Artisten streichen, falls zu lang: , auf denen sich allerdings während der Sonnennummer ein Fleck breit macht. Der stärkste Mann der Welt ist krank und pinkelt Blut . . .


Die Rheinpfalz, Rüdiger Krohn, 4.12.2018

Autor Haidle hat mit der satirisch zugespitzten Geschichte über den Absturz seines Helden eine Parabel über die Gültigkeit von überholten Familienmustern geschrieben. Hinter den Fassaden scheint die Brüchigkeit der fragwürdigen Realität durch, und der unverbesserliche Patriarch Joe steht für die Hinfälligkeit aller Größe. Dieser Niedergang wird in einer wirkungsvollen Mischung aus trockenen Dialogen, turbulenten Kämpfen und pathetischen Ausbrüchen erzählt. Vor allem aber bietet das Stück mit seiner Titelfigur eine dankbare Glanzrolle, in der Klaus Cokalka-Adami alle Register seines darstellerischen Könnens ziehen kann. Dabei gelingt ihm das Porträt des unkaputtbaren Egoisten und manischen Aufschneiders in kräftigen Farben . . .


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